Endlich raus aufs Meer

Als am 11. Juni mein Boot endlich ins Wasser glitt – nach all den Wochen voller Arbeit, Frust und Vorfreude, lernte ich meinen Stegnachbarn Finn von der Baerne kennen. Er bereitete gerade sein Schiff vor, um nach Grenada zu segeln – genau dorthin, wo auch mein eigener Traum mich führen sollte.

Es war, als hätte das Schicksal mir einen Wink gegeben. Ich beschloss, mein Boot in den nächsten zwei Wochen startklar zu machen, um gemeinsam mit Finn in einer kleinen Flottille Richtung Osten zu segeln. Trotz der vielen Dinge, die an Bord noch nicht ganz funktionierten, glaubte ich fest daran: Das wird klappen.

Finn verlegte sein Boot nach Spanish Water, einer Lagune auf Curaçao, wo man sicher ankern und dabei teure Marinagebühren sparen konnte. Zwei Tage später sollte ich nachkommen – und endlich das Meer unter meinem eigenen Kiel spüren.

Der Tag kam, das Wetter war ruhig, die See angenehm – perfekt, um die Segeleigenschaften meines Bootes kennenzulernen. Zuerst lief der Motor ruhig, das Boot schnurrte. Dann setzten wir die Segel. Ein magischer Moment… bis ein lauter Knall die Stille zerriss.

Der Achterstagspanner war gebrochen – einfach so! Das ganze Rigg schwankte gefährlich, aber der Mast hielt stand. Finn und ich reagierten blitzschnell, ließen die Segel fallen und sicherten den Mast provisorisch mit einer Leine nach achtern. Mein Traum vom ersten Segeltörn nach Grenada zerplatzte – zumindest vorerst.

Mit leichtem Schock, aber auch Erleichterung, dass nichts Schlimmeres passiert war, motorten wir weiter in die Lagune von Spanish Water.

Dort, vor Anker, begann ich das ganze Rigg zu inspizieren – und stellte fest, dass mehrere Wantenterminals Risse bekommen hatten. Damit war klar: Mein Plan, nach Grenada zu segeln, war gestorben. Vorerst.

Ein paar Tage später kehrte ich zurück in die Marina, um die Schäden anzugehen. Den Achterstagspanner konnte ich ersetzen, aber die Wanten waren ein größeres Problem und eine teurere Angelegenheit. Dennoch hatte ich viel Glück. Die Wanten selbst haben keinen sichtbaren Schaden genommen, ebenso die Terminals oben am Mast sahen alle intakt aus. 

spanish water - Curacao
Gebrochener Wantenspanner
Riss in der Want

Während ich nach Lösungen suchte, widmete ich mich der nächsten Baustelle: der Ankerwinsch. Da ich den Anker zuvor ausgetauscht hatte, brauchte ich eine neue Winsch – die alte war völlig korrodiert und ohnehin zu klein. Weil der neue Anker größer war, musste ich gleich den ganzen Ankerkasten modifizieren. Es dauerte Tage, aber Schritt für Schritt nahm das Projekt Gestalt an.

Um Kosten zu sparen, verließ ich schließlich wieder die Marina und ging in der ruhigeren Ankerbucht von Piscadera vor Anker. Kein Luxus, kein Stromanschluss – aber Freiheit pur. Hier arbeitete ich weiter am Boot, manuell den Anker setzend, improvisierend, lernend.

Und wie es der Zufall wollte, ergab sich ein kleiner Lichtblick: Ein anderer Segler brauchte Hilfe – und hatte ein Bimini zu verkaufen. Wir machten einen Tausch: Ich half ihm, und er gab mir das Bimini. So bekam ich endlich Schatten im Cockpit – mein kleines Paradies auf See entwickelt sich langsam aber stetig zu meinem schwimmenden Haus mit immer mehr Komfort.

Langsam, aber sicher, kam mein Boot wieder in Fahrt. Der Traum von Grenada lebte weiter – irgendwo da draußen, hinterm Horizont.

Überfahrt nach Piscadera Bay
Sonnenaufgang am Ankerplatz
Leben am Anker in der Bucht