Von Piscadera Bay nach Spanish Water
Es gibt Momente im Seglerleben, die sich anfühlen wie ein kleiner Neuanfang. Mein erster Törn nach der Rigg-Reparatur war genau so ein Moment: ein Mix aus Vorfreude, Respekt und dieser ganz besonderen Art von Freiheit, die man nur spürt, wenn die Leinen fallen und der Bug wieder in Richtung offenes Wasser zeigt.
Nach Wochen voller Schrauben, Adjustieren, Prüfen, Fluchen und wieder Prüfen war es endlich so weit: Ich verließ die Piscadera Bay – leicht nervös, aber voller Zuversicht. Das frisch justierte Rigg stand wie eine Eins, der Wind war moderat, die See ruhig genug, um meinem Vertrauen eine faire Chance zu geben.
Abschied aus der Piscadera Bay – ein Schritt in die neue Phase
Als ich die Bucht verließ, war es, als würde ich gleichzeitig ein Kapitel hinter mir lassen. Die Reparaturen waren umfangreicher gewesen, als ich es ursprünglich gehofft hatte, aber dafür war das Ergebnis spürbar. Jede Böe fühlte sich sauber an, kein metallisches Knarren, kein nötig-zu-beobachten-Flattern im Rigg. Nur Segel, Wind und das sonore Rauschen der Wellen.
Auf dem Weg Richtung Spanish Water merkte ich, wie die Anspannung von mir abfiel. Stück für Stück kehrte das Vertrauen zurück – nicht nur in die Technik, sondern auch in mich selbst. Nach Wochen des Stillstands und Herumbastelns fühlte sich dieser Törn wie eine Befreiung an.
Die letzte alte Batterie – endlich raus an die frische Luft
Parallel zur Rigg-Geschichte lief ein zweites Projekt, das ich schon viel zu lange vor mir hergeschoben hatte: die alten Batterien. Sie waren das letzte Relikt meines ehemaligen Bord-Energiesystems – müde, unzuverlässig und irgendwie immer kurz davor, mich im ungünstigsten Moment im Stich zu lassen.
Also: Raus damit.
Seit diesem Tag läuft meine gesamte Hausbank auf einer einzigen Batterie – schlanker, klarer, weniger potenzielle Fehlerquellen. Natürlich habe ich beim ersten Einschalten ein wenig den Atem angehalten. Aber siehe da: Die neue Konfiguration läuft stabiler als vorher. Keine Spannungsabfälle, keine Überraschungen, keine Zicken. Genau so, wie es sein soll, nur eben etwas wenig Kapazität – es muss aber reichen bis zum Umstieg auf Lithium Bettrien.
Endlich: Der Batterietrenner ist angeschlossen
Der nächste wichtige Schritt für mein Energiesystem war der Anschluss eines Batterie-Isolators. Damit kann ich endlich meine Hausbank zuverlässig mit dem Motor/Generator laden, ohne riskante Parallelschaltungen oder improvisierte Lösungen.
Der Moment, als der Motor lief und ich zum ersten Mal sah, wie sauber die Ampere Richtung House Bank flossen – das war fast genauso befriedigend wie das Setzen der Segel.
Energie-Autarkie auf einem Boot ist ein großes Thema, vor allem wenn man, so wie ich, selten den Motor laufen lässt und primär von Solar lebt. Mit dem neuen Setup bin ich wieder ein Stück unabhängiger geworden und fühle mich gut vorbereitet für längere Törns.
Zurück in Spanish Water – und ans Rigg!
Nach der erfolgreichen Testfahrt in die Spanish Water Bay war klar: Jetzt kommt der finale Feinschliff am Rigg. Die erste Spannung nach den Reparaturen ist nie die endgültige – das Material setzt sich, die Drähte dehnen sich minimal und das Boot arbeitet wieder unter Last.
Mit Werkzeug, viel Geduld und ein paar Balancenummern am Deck habe ich die Wanten erneut sauber nachgespannt. Dieses Mal fühlte sich alles richtig an: gleichmäßige Spannung, perfekte Mastlinie, keine Seitentendenzen, keine unruhigen Schwingungen.
Ein grandioses Gefühl, wenn jedes Teil dort sitzt, wo es hingehört, und das Boot wieder bereit ist, Winddruck sauber und effizient aufzunehmen.
Der große Barnacle-Kampf – Scrubben in Spanish Water
Doch bevor ich an größere Pläne denken konnte, wartete der unvermeidliche Gegner aller tropischen Langlieger: Bewuchs. Die warmen Gewässer rund um Curaçao sind traumhaft – für uns Segler genauso wie für Muscheln, Algen und vor allem hartnäckige Barnacles. Die hatten es sich bereits wieder gemütlich gemacht.
Spanish Water hat zum Glück relativ gutes Wasser zum Tauchen, und so ging’s ans Werk: Maske auf, Scraper in die Hand und runter unter den Rumpf. Stück für Stück schrubbte ich Muschel für Muschel ab, und am Ende sah die Anima wieder aus, als würde sie am liebsten sofort 7 Knoten laufen.
Ein sauberer Rumpf ist Gold wert – weniger Widerstand, mehr Speed, weniger Dieselverbrauch und ein deutlich geschmeidigeres Segelgefühl.
Jetzt wird’s ernst: Die finale Vorbereitung für St. Martin
Mit Rigg, Batterie-Setup und sauberem Rumpf fühlte ich mich das erste Mal seit Wochen wirklich bereit für den nächsten großen Schritt: Die Überfahrt nach St. Martin.
Der Plan ist klar:
letzte kleine Reparaturen
Öl und Filter wechseln, Diesel- und Wassertank füllen
finaler Check der Leinen, Schäkel und Rollen
Proviant bunkern
Wetterfenster beobachten
und mental auf eine 5–8-tägige Passagenzeit einstellen
Ich bin diese Route schon einmal gesegelt, vor vielen Jahren – und ich weiß, wie anspruchsvoll sie sein kann. Die Strömungen drücken von Ost nach West, der Passat kann launisch werden, und man braucht Geduld, Timing und ein gut vorbereitetes Schiff.
Mit jedem erledigten Punkt auf der Liste steigt die Vorfreude. Die Rigg-Reparatur war ein wichtiger Schritt, der mich viel Zeit und Nerven gekostet hat, aber jetzt bin ich wieder an dem Punkt, an dem man (endlich!) nicht mehr repariert, sondern lebt und segelt.
Fazit – Ein Neustart auf dem Wasser
Die Fahrt von Piscadera Bay nach Spanish Water war vielleicht nur ein kurzer Törn, aber für mich bedeutete sie viel mehr:
Einen Neustart. Ein Wieder-Vertrauen in mein Boot. Ein Stück Freiheit, das zurückgekehrt ist.
Mit neuer Energieversorgung, frisch gespanntem Rigg und einem sauberen Rumpf fühlt sich die Anima bereit an – und ich auch.
Der nächste große Schritt heißt St. Martin.
Und dieses Mal wird es nicht nur eine Reise über das Meer, sondern auch ein Zeichen dafür, dass ich nach all den Reparaturen endlich wieder unterwegs bin, dorthin, wo Abenteuer warten.
Das war es für diesen Artikel
Bis bald wieder
Paul – SY ANIMA




